Warum ist eure Story wert erzählt zu werden?

Es gibt 30 Antworten in diesem Thema, welches 2.209 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von La Cipolla.

  • Hat sich eig irgendwer mal damit ausgiebiger beschäftigt? Also mit dem Schreiben von Geschichten, nicht zwangsläufig für Spiele. Ich habe oft gehört, dass viele meinen, dass ihnen die Story besonders wichtig sei. Daher wäre es interessant zu wissen, inwiefern sich Leute damit weiter auseinandergesetzt haben. Also welche Literatur man dazu mal gelesen hat o.ä. An sich auch ein interessantes Thema für ein extra Thread.

    Jap. In erster Linie, um nicht immer wieder in die gleichen Klischeefallen zu tappen und auch nicht die
    immer selben Erzählstrukturen zu benutzen. Wobei man gefühlt automatisch bei Fantasy-Geschichten immer wieder in die klassische Heldenreise reinrutscht. Finde ich pauschal auch nicht schlimm, ich würde auch nicht krampfhaft versuchen ein Stereotyp des Genres zu vermeiden, wenn es sich denn richtig für die Erzählung anfühlt. Ebenso aber auch nicht gezielt die Heldenreise als Vorbild nehmen und jeden Punkt davon abhaken.
    Letztlich greifen aber doch viele außergewöhnliche Geschichten auf klassischen Erzählmuster zurück und
    man merkts trotzdem kaum, eben weil ihre "Verpackung" dann wieder so anders ist.

    Außerdem finde ich es spannend mit Bildsprache und Symbolik zu erzählen, ohne wortwörtlich
    zu erzählen, wenn ihr versteht - also Dinge wortwörtlich auszusprechen. Zumindest wenn es passt.
    Aber das könnte noch einmal ein ganz eigenes Thema sein.

    Oder geht es auch darum, am Ende vielleicht, eventuell, unter Umständen ein gutes oder sogar ein ... besseres! ( =O ) Spiel zu entwickeln, nach welchen Maßstäben auch immer? Dann kommen wir nicht um die Frage des Werts herum, und sollten sie auf keinen Fall herunterdiskutieren.

    Und da wäre eben die individuelle Frage, was würde denn für dich zum Beispiel ein Spiel gut oder besser
    machen, was für Kriterien sind für dich bei einer Story ausschlaggebend, um diese gut zu machen?

  • Canti

    Ich hab es nicht gemacht. Wir Menschen lernen ja wie gesagt insbesondere durch das Nachahmen. Ich vermute, dass sich die meisten Entwickler, ob bewusst oder unbewusst, an den Geschichten orientieren, die ihnen selbst gefallen haben. Wenn es ihnen gelingt, das zu imitieren, sind sie schon auf einem guten Weg.


    Wobei Spiele sowieso ein Sonderfall sind. Eigentlich bräuchte man einen Ratgeber, der sich speziell mit dem Schreiben für Spiele auseinandersetzt. Spiele nutzen zwar die Mittel des Films, haben aber eine andere Struktur, jedenfalls die meisten. Die Handlung wird ja ständig vom Gameplay unterbrochen. Würde man einfach alle Handlungsszenen aneinanderreihen, käme da vieles heraus, aber keine vernünftige Geschichte. Die fragmentierte Struktur der Spielhandlung ist denke ich sogar ein Vorteil, weil die Handlung dadurch nicht diesen Fluss haben muss, den sie in Filmen oder Büchern hat.


    Tasuva

    Zitat

    Und da wäre eben die individuelle Frage, was würde denn für dich zum Beispiel ein Spiel gut oder besser machen, was für Kriterien sind für dich bei einer Story ausschlaggebend, um diese gut zu machen?

    Ich finde die Frage sehr interessant, deswegen möchte sie auch beantworten. Oder eher nicht, denn ich kenne die Antwort nicht. Zu erklären, was eine durchschnittliche Geschichte von einer guten unterscheidet, ist richtig schwierig, und von herausragenden Geschichten will ich gar nicht erst reden. Es gibt Themen und Szenarien, die ich besonders mag und andere gefallen mir weniger, das hat sicher einen Einfluss, aber grundsätzlich kann ich ziemlich vielen Geschichten etwas abgewinnen. Zu pessimistische und negative Geschichten oder vieles was "dark and egdy" ist finde ich in der Regel unterdurchschnittlich bis schlecht, das kann ich mit Sicherheit sagen. Und wenn mir die Hauptfiguren unsympathisch sind, dann macht das die Geschichte automatisch schlecht, da würde ich das Medium auch sofort abbrechen. Umgekehrt macht es schon einiges aus, wenn die Hauptfiguren auf Stereotypen basieren, die mir gefallen. Wobei das weniger für Spiele gilt, weil dort ja eben das Gameplay dominant ist. Aber damit mir speziell die Geschichte gefällt, muss ich die Figuren schon ein Stück weit mögen.


    Gerade bei Makerspielen ist vielleicht auch die Inszenierung ein wichtiger Faktor. Die Engine hat natürlich Nachteile gegenüber modernen Spielen, die praktisch Filmszenen zeigen, mit professionellen Sprechern, mit Gestik und Mimik usw. Wenn es einem gelingt, diese Nachteile ein wenig zu kompensieren, damit Gefühle besser rüberkommen, was bei Makerspielen nicht so oft klappt, und die Figuren lebendiger wirken, würde man schon einiges gewinnen. Heutzutage ist es leider eher eine Ausnahme, dass die Figuren ausgiebig animiert werden, weil die großen Sprites zu hohe Anforderungen stellen. Mir kommt es zumindest so vor, als ob die Spiele aus der 2K/2K3-Zeit in der Regel besser inszeniert wurden.

  • Ich hab es nicht gemacht. Wir Menschen lernen ja wie gesagt insbesondere durch das Nachahmen.

    Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, wie man eine Geschichte in einem Spiel erzählt. Dazu ist es nicht notwendig, sich nur von anderen Geschichten inspirieren zu lassen. Du kannst auch persönliche Erlebnisse einfließen lassen. Oder auch komische Situationen verarbeiten, die man erlebt hat. Auch kann man sich von Sachbüchern inspirieren lassen. Wenn die Menschen nur andere Geschichten imitieren würden, gäbe es ja nur eine Art von Geschichte. Gerade durch das Experimentieren kann man sich stark weiter entwickeln und das Medium ebenso.

    Wobei Spiele sowieso ein Sonderfall sind. Eigentlich bräuchte man einen Ratgeber, der sich speziell mit dem Schreiben für Spiele auseinandersetzt. Spiele nutzen zwar die Mittel des Films, haben aber eine andere Struktur, jedenfalls die meisten. Die Handlung wird ja ständig vom Gameplay unterbrochen. Würde man einfach alle Handlungsszenen aneinanderreihen, käme da vieles heraus, aber keine vernünftige Geschichte. Die fragmentierte Struktur der Spielhandlung ist denke ich sogar ein Vorteil, weil die Handlung dadurch nicht diesen Fluss haben muss, den sie in Filmen oder Büchern hat.

    Es geht nicht darum, einen Film 1:1 nachzuerzählen oder sowas. Es geht darum, wie man z. B. Figuren in Szene setzt. Oder wie man generell Szenen aufbaut. Ich finde nicht, dass die Dinge so strikt voneinander getrennt sind, sie sind nur nicht einfach 1:1 zu übertragen. Man möchte (oder eher sollte) sich mehr damit auseinandersetzen, wie man eine Szene präsentieren will mitsamt den Figuren.

    Es gibt durchaus Spiele, welche die Story nahezu von Szene zu Szene aufbauen wie eine Serie oder einen Film, wie z. B. die Yakuza Reihe (Kann man als Film sehr gut ansehen) oder Visuel Novels. Muss aber nicht immer funktionieren. Glaube das man bei Final Fantasy 13 das erste Mal einen echten Autor für die Story engagiert hat bei der Reihe. Aber das kam nicht so gut an, weil das Spiel dann an sich irgendwie zu eingeengt gewesen ist.



    EDIT:

    Und da wäre eben die individuelle Frage, was würde denn für dich zum Beispiel ein Spiel gut oder besser
    machen, was für Kriterien sind für dich bei einer Story ausschlaggebend, um diese gut zu machen?

    Eine Sache hast du schon angesprochen. Wenn Figuren nicht immer das offensichtliche ansprechen. Sondern, wenn ich mir da über das Verhalten Gedanken machen kann. Ich hatte mal Breaking Bad mir wieder mal angesehen. Und mir fiel da auf, wie sehr ich das Verhalten der Figuren mochte, weil nicht explizit erwähnt wird, wieso sie so reagieren. Manches konnte ich früher nicht nachvollziehen, aber je älter ich wurde, desto eher konnte ich manches von Walter White besser nachvollziehen. Das sind dann Themen, die vielleicht den jüngeren oder sonst wem nicht geläufig sind, aber mir umso mehr. Sowas mag ich sehr.

  • Das schließt sich ja alles nicht gegenseitig aus. Ich wollte nur sagen, dass es auch ohne Theorie geht. Das Imitieren ist außerdem kein vollständig willentlicher Prozess, weil wir nicht verhindern können, dass wir beeinflusst werden und oft merken wir es vielleicht nicht mal. Wollte man das nicht, dürfte man keine Geschichten konsumieren. Sobald man das macht, wird man beeinflusst und wird die Geschichten, die man gut findet, auf welche Weise auch immer, nachahmen. Ich meine damit kein Plagiat, vielleicht erkennt man die Einflüsse nicht mal, aber ich bin mir sicher, dass sie immer da sind. Und wenn ein Künstler lange genug nachgeahmt hat, dann wird er etwas "Neues" erschaffen. So geht es auch.


    Ich kenne Yakuza nicht, Visual Novels zähle ich aber zu Interactive Fiction, das ist für mich ein eigenes Genre, kein Spiel. Final Fantasy 13 hab ich gespielt und das Spiel unterstreicht mein Argument: Die Handlungsszenen würden hintereinander keinen Film ergeben, den man sich anschauen könnte. Du hast recht, dass eine Szene eines modernen Spiels für sich genommen so wie eine Filmszene inszeniert wird. Ich denke, das widerspricht aber auch nicht meinem Standpunkt aus dem Beitrag zuvor.

  • Das Erzählen von Geschichten in Videospielen kann definitiv ganz anders sein als in anderen Medien, mit GANZ anderen Möglichkeiten ... und zur selben Zeit gibt es selbstverständlich massive Ähnlichkeiten zu bekannten Medien, und dementsprechend auch unzählige Techniken und Skill Sets, die man übertragen oder sogar 1:1 übernehmen kann. Das war bisher bei jedem neuen Medium so und wird auch so lange so bleiben, wie Menschen neue Medien erfinden. Insofern besser nicht allzu sehr auf eine Richtung versteifen, der Übergang ist sowieso fließend.

    Das ist aber ehrlich gesagt noch mal ein GANZ anderes Thema, das ich hier nicht zu weit aufmachen würde, weil der Thread sonst komplett seine Richtung verliert. Imho sind die narrativen Möglichkeiten von Videospielen als Medium ein Feld, dass bisher nicht mal ansatzweise erkundet wurde. Ich schließe mich da immer gern einer verbreiteten Meinung an: Wir verlassen praktisch gerade erst die "Schwarz-Weiß-Ära" des Mediums, und ich bin mir nicht mal sicher, ob wir schon Ton haben oder noch ein Orchester vor die Leinwand setzen. ^^


    Zitat

    Hat sich eig irgendwer mal damit ausgiebiger beschäftigt? Also mit dem Schreiben von Geschichten, nicht zwangsläufig für Spiele. Ich habe oft gehört, dass viele meinen, dass ihnen die Story besonders wichtig sei. Daher wäre es interessant zu wissen, inwiefern sich Leute damit weiter auseinandergesetzt haben. Also welche Literatur man dazu mal gelesen hat o.ä. An sich auch ein interessantes Thema für ein extra Thread.

    Ich sag mal so: Die wenigsten von uns haben ja "Videospielentwicklung" o.ä. studiert, sondern kommen aus anderen Feldern, und bringen dementsprechend auch andere Fähigkeiten (und Vorannahmen!) mit. Ich arbeite halt als Deutsch- & Englischlehrer und habe vor dem Videospielkram knapp 20 Jahre lang geschrieben, teils Fiktion und teils an Pen & Paper, auch professionell. Das färbt zwangsweise auf die Perspektive ab, ob man will oder nicht, genau wie bei jemandem, der bspw. aus der Informatik kommt oder Geschichte studiert hat.

    Insofern: Klar, gerne öffnen den Thread! ^^


    Zitat

    Würdest du denn sagen, dass die Mitglieder aus der Maker-Community nicht ehrlich sind und die Geschichten der Spiele eigentlich schlechter finden, als sie zugeben?

    Das ist ein seltsamer Gedanke!

    Nein, ich denke, dass viele Leute a) ganz andere Prioritäten haben, die ihnen wichtig sind, in die sie Zeit und Aufmerksamkeit investieren. Und b) wie schon gesagt, Videospiele haben nicht zu unrecht einen Ruf für schlechtes Writing. Und wenn man sich immer vorrangig an "Ähnlichem" orientiert, wird das natürlich auch der Maßstab für einen selbst sein. "Read a book!" ist ein nicht ganz unbegründetes Meme, wann immer 14-jährige Videospieler behaupten, Spiel XY hätte die beste Geschichte, die jemals erzählt wurde ... ;)


    Schnell am Rande: "Schlecht geschrieben" ist etwas anderes als "schlechte Geschichte", auch wenn es Zusammenhänge geben kann.


    Zitat

    Und da wäre eben die individuelle Frage, was würde denn für dich zum Beispiel ein Spiel gut oder besser machen, was für Kriterien sind für dich bei einer Story ausschlaggebend, um diese gut zu machen?

    Puh, ich versuche mal bewusst, meine Vorlieben von Sachen zu trennen, die man irgendwie objektivieren kann ...


    Eine gute Geschichte verfolgt Ziele und nutzt passende Mittel und Wege, um diese Ziele zu erreichen. Umgekehrt vermeidet sie Mittel und Wege, die diesen Zielen entgegenstehen.


    Erläuterungen:

    • "Ziele" ist sehr offen formuliert, das kann alles von "Spannung" über "Lachen!" bis hin zu "Auseinandersetzung mit [einem bestimmten Thema]" sein. Ich persönlich denke allerdings, dass möglichst spezifische Ziele zu den besten Geschichten führen.
    • "Mittel und Wege" ebenfalls, das umfasst potenziell alles vom Genre (und entsprechenden Tropen) über Gameplay, Technik und Musik bis hin zur verwendeten Sprache ... etc.
    • Das Ganze kann ganz hervorragend unterbewusst passieren. :) Wir haben alle genügend Geschichten gehört. Allerdings neigt ein unterbewusstes Storytelling auch beinah immer zu Klischees und letztlich zu ... Bekanntem. Man muss einen ziemlich wilden Geist haben, um unterbewusst eine wirklich ungewöhnliche Geschichte zu erzählen.

    Ein Beispiel: Wenn ich ein Horrorspiel basteln möchte, das die Spielenden immer wieder mitreißt, kann ich darüber nachdenken, welche Mittel und Wege a) Angst und b) eine geladene, momentäre Spannung unterstreichen. UND ich sollte darauf achten, auf Mittel und Wege zu verzichten, die entweder der Angst oder der Spannung entgegenstehen.


    Und wenn das jetzt selbstverständlich klingt? Ist es absolut nicht. Ich habe SO viele Spiele gespielt, die sich durch dumme Gameplay-Entscheidungen, Genre-Konventionen oder einfach nur Standard-Videospiel-Shit selbst torpediert haben!

    Meine eine Empfehlung ist: Am Anfang ein klares Konzept haben, klare Ziele! Und dann bei jeder Entscheidung zu diesem Konzept gehen und die Entscheidung damit abwägen.




    Okay, und ein abschließender Absatz! :D

    Wenn jetzt jemand auf inhaltliche Dinge gehofft hat ... Die finde ich ehrlich gesagt eher uninteressant. Eine megaklischeehafte Romanze kann genauso eine tolle Geschichte sein wie eine komplexe Erkundung einer Mutter-Tochter-Beziehung oder eine epische Fantasy-Story.

    Das Problem ist nur, dass all das auch schlecht sein kann. 8o

    ... und zwar meistens, weil es nicht versteht, was es sein will und wie es diese Ziele am besten erreichen kann.

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    Ein klassisches Rollenspiel, reduziert auf den Zauber des alten Genres: Wortgewaltige Sprache. Fordernde Kämpfe. Drei, die einen Drachen töten, und was sie dazu führen mag.

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    Einmal editiert, zuletzt von La Cipolla ()

  • Das schließt sich ja alles nicht gegenseitig aus. Ich wollte nur sagen, dass es auch ohne Theorie geht.

    Klar, man muss sich nicht mit Sachbüchern über solche Themen beschäftigen. Aber wenn den Anspruch hat, sich stetig zu verbessern, ist das ein guter Weg, seinen Horizont zu erweitern und den Fähigkeiten weitere Dinge hinzuzufügen. Viele Dinge hat man womöglich sich ebenso gedacht, aber in der Regel gibt es Dinge, die man anschließend aus einem anderen Winkel betrachtet. Und anschließend kann man versuchen sich darüber Gedanken zu machen, wo man sowas gesehen hat oder wie man sowas umsetzen könnte. Geht mir zumindest so.

    Wollte man das nicht, dürfte man keine Geschichten konsumieren. Sobald man das macht, wird man beeinflusst und wird die Geschichten, die man gut findet, auf welche Weise auch immer, nachahmen.

    Ich meinte ja, dass man sich nicht nur von Geschichten inspirieren lassen muss. Es ergibt Sinn, dass man versucht in eine Richtung zu gehen, wie andere, die einen begeistert haben. Die Frage ist dann oft, wie sehr man sich daran orientiert. Soviel ich weiß, hat man sich bei Final Fantasy 16 sehr stark von einer gewissen Serie beeinflussen lassen ^^. Also auf professioneller Ebene passiert sowas ebenso.

    Ich sag mal so: Die wenigsten von uns haben ja "Videospielentwicklung" o.ä. studiert, sondern kommen aus anderen Feldern, und bringen dementsprechend auch andere Fähigkeiten (und Vorannahmen!) mit.

    Jo, das ist mir auch bewusst. Ich nehme mich da als Beispiel. Ich habe zwar Informatik und Spieleentwicklung + 3d Grafik studiert, dennoch lese ich mich in quasi allem sehr gerne sehr tief ein. Bei mir ist da oft so ein Drang, von allem einen tieferen Blick zu haben :D

  • La Cipolla

    Zitat

    Und b) wie schon gesagt, Videospiele haben nicht zu unrecht einen Ruf für schlechtes Writing. Und wenn man sich immer vorrangig an "Ähnlichem" orientiert, wird das natürlich auch der Maßstab für einen selbst sein. "Read a book!" ist ein nicht ganz unbegründetes Meme, wann immer 14-jährige Videospieler behaupten, Spiel XY hätte die beste Geschichte, die jemals erzählt wurde ...

    Sind Makerspiele denn schlecht geschrieben oder sogar schlechter als andere Videospiele, schließlich sagst du ja, dass Videospiele insgesamt diesen Ruf haben sollen? Wobei ich mich frage, bei wem sie diesen Ruf haben, bei den vielen Spielern ja nicht.


    Was willst du denn mit dem letzten Satz des Zitats aussagen? Das klingt für mich so, als hätten die Spieler, die ihre Lieblinge für gut geschrieben halten, keine Ahnung von guten Geschichten und das fände ich nicht richtig. Wie gesagt, für die meisten Menschen ist die künstlerische Seite, das Schreibhandwerk unerheblich, selbst wenn sie von "gut geschrieben", "Anspruch" oder "Qualität" sprechen. Und das tun nicht nur Kinder, in den Szenen, in denen ich aktiv bin, sind die meisten Mitglieder Erwachsene und sicher lesen etliche von denen auch Bücher. Nicht dass jemand mehr Ahnung von gut geschriebenen Geschichten hätte, weil er Bücher liest. Wie würde man denn auch messen wollen, wie viel Ahnung jemand hat?


    Auf jeden Fall ist es so, dass man unter "gut geschrieben" und "schlecht geschrieben" wieder alles mögliche verstehen kann und ich denke niemand kann für sich beanspruchen, dass die eigene Sicht die richtige ist.

  • Auf jeden Fall ist es so, dass man unter "gut geschrieben" und "schlecht geschrieben" wieder alles mögliche verstehen kann und ich denke niemand kann für sich beanspruchen, dass die eigene Sicht die richtige ist.

    Hierzu müsste man halt schon über konkrete Beispiele sprechen und entsprechend argumentieren. Und auch wenn sich da gerne gesträubt wird, ist das tatsächlich das einzig sinnvolle Vorgehen, um irgend etwas lernen zu wollen.

    Ich finde z.B. Vampires Dawn 3 und Feuer um Mitternacht (zufällig gewählte Beispiele aus meinem Hirn) sind schlecht geschrieben.

    Was meine ich damit? Ich meine mit "schlecht geschrieben", dass Storyelemente, Charaktermotivationen und -entwicklungen nicht gut ineinander greifen und sich auch stellenweise selbst im Weg stehen (wie z.B. ein chauvinistisches Ekel wie Asgar als Protagonist). Man hat am Ende nicht das Gefühl, dass es die "Reise" durch die Geschichte wert war. Ich brauche da keine explizite und perfekte Hero's Journey als Struktur, aber irgendeinen Wandel sollten Protagonisten durch die Story schon durchmachen - zumindest ist das so die Quintessenz jeder Geschichte für mich.

    Das bekommen beide Beispiele auch noch irgendwie hin, aber es gibt da so viele Elemente in der Story, die ohne wirklichen Payoff eingeworfen werden.

    Eine gut geschriebene Geschichte sollte mMn immer dieses "Setup und Payoff" bedienen; um alles abzurunden und dem Publikum ein komplettes Erlebnis bieten.
    Wie und womit das am Ende erreicht wird, das ist dann Geschmackssache.


    Und ich denke, viele Makerspiele hadern damit tatsächlich, weil sich mehr mit der Ästhetik ihrer Lieblingsgeschichten, als der tatsächlichen Struktur dahinter beschäftigt wird (das ist übrigens auch ein Problem, woran Indiegame-Erfolge wie Chained Echoes oder Sea of Stars kränkeln).

  • Ich denke, ich werde mal ein eigenes Thema zu gut (oder schlecht) geschriebenen Geschichten aufmachen, damit sich dieses Thema auf den Wert der eigenen Geschichten konzentrieren kann.


    schilderich

    Ja, diese Form von "schlecht geschrieben" kann ich nachvollziehen. Ich hab mit Mysterylady öfters über die Handlung ihrer Spiele und einzelne Szenen gesprochen und sie hat dann manchmal gesagt: "Das sieht man doch sofort, dass das so gemeint ist." Doch das stimmt nicht. Sie als Entwicklerin weiß, was sie sich bei der Handlung gedacht hat, nur hat sie des Öfteren vergessen es zu erzählen.


    Was machen denn Chained Echoes und Sea of Stars narrativ falsch? Ich hab die Spiele bisher nicht gespielt, finde sie aber natürlich vor allem optisch interessant.

  • Was machen denn Chained Echoes und Sea of Stars narrativ falsch? Ich hab die Spiele bisher nicht gespielt, finde sie aber natürlich vor allem optisch interessant.

    Dazu habe ich kürzlich das folgende Video-Essay gefunden:

    Externer Inhalt www.youtube.com
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    Ist auf englisch und in einigen Parts recht hyperbolisch, man kann da aber stimmige Kritikpunkte mitnehmen, die ich auch aus eigener Erfahrung bestätigen kann.

    Chained Echoes: Das Spiel lebt sehr stark von Referenzen und Inspirationen - das stört mich persönlich z.B. nicht so sehr, wie den Essayist im Video - hat aber dadurch sehr oft ein Problem mit Exposition und Pacing. Entweder prügelt einem das Spiel extrem viel Exposition per Textwällen ein - womöglich, weil das bei beliebten anderen Spielen so gemacht wurde (aber ohne einem Verständnis zum Warum) - oder es knüppelt nur so durch Storytwists und lässt dank Handholding auch gar keine Gelegenheit für Spieler sich selbst Gedanken zu machen.


    Daneben ist das generelle Problem: Entwickelt hat das Spiel eine Person, der auch alle Texte geschrieben hat. Einen Lektor o.Ä. gab es aber nicht, was auch bei der Übersetzung sehr zum Problem wurde. Viele inhaltliche Probleme hätten sich sicherlich auch lösen lassen, wenn das Script nochmal professionell editiert worden wäre.


    Sea of Stars: Will auf Biegen und Brechen wie Chrono Trigger sein und begeistert optisch und musikalisch auch, hat aber anscheinend selbst gar kein so großes Interesse an tiefergehenden Charaktermotivationen und -Momenten.
    So sind wesentliche Hintergründe für wichtige Charaktere einfach optionale Lore-Dumps und die Protagonisten wirken extrem blass, weil sie außer ihrer Funktion im Plot so gut wie gar nicht weiter belichtet werden. Von der deutschen Übersetzung fange ich gar nicht erst an... Dx


    Trotz dieser Dinge haben beide Spiele durchaus sehr gute Storymomente, die aber oft durch nicht ganz durchdachtes Drumherum schnell frustrieren können. Zumindest für mich waren es in beiden Fällen auch mehr Ecken, als eigentlich nötig gewesen wäre.

  • Zitat

    Chained Echoes: Das Spiel lebt sehr stark von Referenzen und Inspirationen - das stört mich persönlich z.B. nicht so sehr, wie den Essayist im Video - hat aber dadurch sehr oft ein Problem mit Exposition und Pacing. Entweder prügelt einem das Spiel extrem viel Exposition per Textwällen ein - womöglich, weil das bei beliebten anderen Spielen so gemacht wurde (aber ohne einem Verständnis zum Warum) - oder es knüppelt nur so durch Storytwists und lässt dank Handholding auch gar keine Gelegenheit für Spieler sich selbst Gedanken zu machen.

    Daneben ist das generelle Problem: Entwickelt hat das Spiel eine Person, der auch alle Texte geschrieben hat. Einen Lektor o.Ä. gab es aber nicht, was auch bei der Übersetzung sehr zum Problem wurde. Viele inhaltliche Probleme hätten sich sicherlich auch lösen lassen, wenn das Script nochmal professionell editiert worden wäre.

    Letzteres habe ich in meinem (sehr positiven!) Review auch angemerkt, und ich erwähne das hier noch mal, weil es ja ein Problem ist, dass bei Indie- und Makerspielen recht üblich ist. Also sucht euch Leute, die nicht nur Fehler suchen, sondern eure Spiele auch inhaltlich kritisieren!

    Ersteres kann ich aber nur bedingt unterstreichen, ich fand die Story tatsächlich eher besser und moderner erzählt als in vielen der Inspirationen! :) (Wobei es natürlich hart ist, an die besseren Suikodens heranzukommen.) Gerade die Twists haben für mich mega funktioniert und sind tendenziell insgesamt auch verständlicher geworden als im durchschnittlichen JRPG.

    Den Kritikpunkt an "nostalgischen Spielen" generell kann ich aber gut nachvollziehen!


    Sea of Stars habe ich nicht gespielt.

    header_german.jpg?t=1679591330

    Ein klassisches Rollenspiel, reduziert auf den Zauber des alten Genres: Wortgewaltige Sprache. Fordernde Kämpfe. Drei, die einen Drachen töten, und was sie dazu führen mag.

    ... für 2€ auf Steam, werft einen Blick drauf! =D

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